Am 20. September stehen in Griechenland Neuwahlen an. Auch die griechischen Piraten nehmen teil und können noch Unterstützung gebrauchen. [1] [2] Bis zum Wahltag werden vielleicht schon einige der im dritten Hilfspaket beschlossenen Maßnahmen Realität sein.

Am 19.08.2015 beschloss der Deutsche Bundestag dieses dritte Hilfspaket für Griechenland in Höhe von 80 Mrd. Euro. Die Meinungen, ob dies tatsächlich hilfreich ist, gehen weit auseinander. Viele Kritiker meinen, ein weiterer Schuldenschnitt muss her (so der IMF und dessen Präsidentin Christine Lagarde). [3]

Zur Erinnerung: Einen ersten Schuldenschnitt gab es im März 2012, als griechische Staatsanleihen im Wert von 200 Mrd. Euro in neue Titel eingetauscht wurden. Damit verzichteten die Gläubiger auf 53,5% ihrer Forderungen. Durch Zinserleichterungen und gestreckte Tilgungsfristen wurde auf weitere 50% von Forderungen verzichtet. Das dritte Hilfspaket soll der Regierung Griechenlands eine weitere Chance bieten, die rechtliche, wirtschaftliche und finanzielle Verfassung des Landes zu erneuern. Es stellt sich natürlich die Frage, was wurde aus den früheren Hilfspaketen, warum haben sie nicht geholfen? Folgendes ist mittlerweile bekannt:

Seit Ausbruch der Krise 2010 wurde die griechische Bevölkerung/Gesellschaft durch „Kürzungsarien“ der sog. Troika [europ. Zentralbank/EZB, Internat. Währungsfond/IMF und EU-Kommission] zu großen Opfern veranlasst. Die ersten beiden „Hilfspakete“ halfen fast ausschließlich deutschen und französischen Banken als Schutz vor Verlusten, da Schulden bei diesen bestanden, die nun auf den deutschen und französischen Steuerzahler übertragen wurden. Seiner Zeit als „Notkredit“ bezeichnet. Sogar die Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) bestätigten 2013 in einer Auswertung des Griechenlandprogramms, dass durch die gewährten Kredite „im großen Stil Schulden bei privaten Gäubigern durch Schulden bei öffentlichen Gläubigern ersetzt wurden.“ Das bedeutet ganz klar, dass bei der griechischen Bevölkerung nur ein Minimum an Hilfe ankam.

Deutschlands und Frankreichs Banken hatten bei Ausbruch der Krise im Frühjahr 2010 20 Mrd. (D) und 17 Mrd. (F) an Forderungen gegen den griechischen Staat. Der Schuldenschnitt wurde notwendig, um die griechischen Banken vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Seit Ausbruch der Krise hat Griechenland über 300 Mrd. Euro an öffentlichen Notkrediten von anderen Eurostaaten und dem IWF bekommen, von denen lediglich etwas mehr als 27 Mrd in den griechischen Staatshaushalt flossen. Der gesamte Rest kam u.a. privaten Banken und Anlegern in Form von Zins und Tilgung zugute, um sie aus ihren Fehlinvestitionen zu retten. Dies ist mittlerweile bekannt. Was allerdings nicht bekannt ist: Warum gab es nicht gleich Kapitalverkehrskontrollen 2010, als die Krise bekannt wurde? So hätte frühzeitig eine „Verlagerung“ von Geldvermögen ins Ausland verhindert werden können.

Ende Januar 2015 gewann dann die große Kritikerin dieser Politik, die Partei Syriza, die Wahlen und bildete die Regierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras. Ein erster Erfolg war „atmosphärischer“ Art: Die vehement abgelehnte Troika wurde in „die Institutionen“ umbenannt. Das verhinderte aber nicht, dass diese im dritten Hilfspaket an ursprünglich geforderten Maßnahmen, wie z.B. Lohn-und Rentenkürzungen, festhielt.

Der griechische Ministerpräsident brachte ein Referendum auf den Weg, um das griechische Volk über diese geforderten Maßnahmen abstimmen zu lassen. Eine Mehrheit von 61% stimmte mit Nein gegen die Politik des wirtschaftlichen und sozialen Abbaus. Letztlich wurde aber trotzdem ein drittes Hilfspaket geschnürt, das viele der ursprünglichen Forderungen enthält. Bezeichnend ist, dass trotz Votums in seinem Sinne, der seinerzeitige Finanzminister Yanis Varoufakis von seinem Amt zurücktrat.

In welcher Verbindung steht das dritte Hilfsprogramm mit Berlin?

Es ist z.B. nicht klar, ob die verlangten Privatisierungen profitabler Staatsunternehmen wie Flughäfen oder die Häfen von Piräus und Thessaloniki an private Investoren tatsächlich 50 Mrd. Euro einbringen oder nicht doch den Schuldenstand weiter in die Höhe treiben werden. Während in Deutschland mittlerweile erkannt wurde, dass Privatisierungen kein Allheilmittel sind – man denke nur an die Debatte um die Deutsche Bahn und das Beispiel der privatisierten britischen Eisenbahngesellschaften – wird von den Griechen genau dies verlangt. Die Veräußerung von „Tafelsilber“ ist kontraproduktiv; während die Gewinnentnahmen privatisiert werden, werden die Verluste sozialisiert. Ergebnis: Der Schuldenstand steigt weiter, ein neues Hilfspaket muss her.

Das dritte Hilfspaket vermeidet etwas Wesentliches: eine umfassende Bestandsaufnahme der Spar-und Reformpolitik der vergangenen Jahre, durch geführt von unabhängigen Ökonomen, nicht der Troika. Was ist gut gelaufen, welche zentralen Reformschritte stehen noch aus? Strukturreformen allein werden aber nicht ausreichen, ein europaweites Investitionsprogramm wäre hilfreich. Griechenland muss seine Einnahmesituation verbessern. Hierzu muss eine neue griechische Regierung endlich große Vermögen besser besteuern. Allerdings benötigt sie auch Einnahmen aus den dann privatisierten Flughäfen und Häfen, daher ist diese Form der Privatisierung sicherlich einer finanziellen Konsolidierung nicht dienlich.

Weitere Informationen:
www.imf.org/external/np/sec/pr/2013/pr1313.htm

Quellen:

[1] www.indiegogo.com/projects/help-me-help-greece-s-pirate-party–2#/story
[2] www.pirateparty.gr/donate/
[3] www.reuters.com/article/2015/07/14/uk-eurozone-greece-imf-report-idUKKCN0PO1C920150714

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