Das Thema Pressefreiheit interessiert im Alltag in Deutschland kaum jemanden, obwohl wir in der Rangliste der Pressefreiheit nur Platz 17 belegen. Sieht man sich die Weltkarte von Reporter ohne Grenzen an, so findet man gerade mal gut ein Dutzend Staaten, die eine gute Lage der Pressefreiheit haben. Den meisten Menschen auf der Welt ist eine freie Presse und unzensiertes Internet jedoch fremd. Als reisender Journalist wird es einem immer bewusst, wenn das Gastland einen bittet, den Presseausweis nicht mitzunehmen. Was in Deutschland eine Freikarte für viele Dinge ist, kann dort schnell gefährlich werden.

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Heute vor zehn Jahren lief der Filmemacher James Miller in Rafah (Gaza) mit einer schusssicheren Weste mit der Aufschrift TV und einem sicheren Helm auf israelische Soldaten zu. Er rief Ihnen zu, dass er Journalist ist und hielt eine weiße Flagge in der Hand, die er mit einer Taschenlampe anleuchtete. Dennoch wurde er durch einen der Soldaten mit einem Kopfschuss getötet. Er hatte sich in diese Gefahr begeben, um einen Film über Kinder in Gaza und Israel zu drehen. Er wollte dem Rest der Welt die Situation vor Ort nahe bringen und erklären, warum der Konflikt dort so verfahren ist.

So wie James Miller sterben jedes Jahr dutzende Journalisten bei ihrer Arbeit, mit der sie oft nicht mehr verdienen als ein Sachbearbeiter in einem Bürojob. Sie sind die Augen und Ohren der restlichen Welt. Ohne sie gäbe es keine Zeitungen, keine Nachrichtenmagazine und ohne sie könnte sich niemand von uns politisch engagieren – uns würde schlichtweg das Wissen über den Rest der Welt fehlen. Mit ihrer reinen Anwesenheit in den Regionen ist der Job nicht getan, sie müssen das Material noch rausbringen und verbreiten. Sofern zensurfreies Internet vorhanden ist, ist dies deutlich einfacher geworden, birgt aber immer noch große Gefahren für alle Beteiligten. Auch deswegen setzt sich die Piratenpartei für zensurfreies Internet und Netzneutralität ein.

Auf der anderen Seite sind Journalisten und die Medien zusammen sehr mächtig. Sie können großen Unternehmen oder Regierungen Probleme bereiten und die Meinung einer großen Öffentlichkeit prägen. Investigative Journalisten im eigenen Land decken immer wieder Skandale und Korruption auf. Hierbei riskieren sie selten Gefängnisstrafen, oft aber Einschüchterungen durch Ermittlungsbehörden oder große Unternehmen. Oder den Versuch, sie Mundtot zu machen. Traurige Berühmtheit erlangte der Anruf des ehemalige Bundespräsidenten Christian Wulff beim BILD-Chefredakteur Kai Diekmann. Dieser Versuch, Einfluss auf die Presse zu nehmen, scheiterte.

Im Kleinen erlebt man aber auch regelmäßig, dass Polizisten den Journalisten keinen Zugang gewähren oder aktiv (z.B. durch Blenden, Festhalten oder ähnliches) an der Berichterstattung hindern. Folgen hat dieses Verhalten für die Polizisten praktisch nie. Vor wenigen Wochen wurden deutschlandweit Redaktionsräume von szenenahen Fotojournalisten durchsucht. Die Maßnahme diente der Auffindung von Fotos, welche Demonstranten zeigen, die Straftaten begangen haben sollen. Die Wohnung eines Fotojournalisten, der gerade in Syrien war, wurde zu diesem Zweck in seiner Abwesenheit aufgebrochen. Journalisten müssen weltweit vor solchen Maßnahmen geschützt werden – wäre dies eine Nachricht aus dem Iran gewesen, hätten sich deutsche Politiker sicher darüber empört.

Die Pressefreiheit ist aus gutem Grund im Grundgesetz verankert. Sie müssen als vierte Macht unabhängig und ohne Angst vor Repressionen arbeiten und Ihre Quellen schützen können. Während die Bevölkerung dies akzeptiert (es gab noch keine Demonstration gegen Pressefreiheit), versuchen bestimmte Politiker dieses Recht immer weiter einzuschränken. Auch die immer engere Verknüpfung zwischen Journalisten und dem Internet lassen einen die zunehmenden Zensurbestrebungen mit großer Sorge sehen. Grundrechte wie diese verliert man selten an einem Tag, meist ist es ein schleichender Prozess. Daher müssen wir permanent auf dieses Recht achten und es schützen. Totalitäre Staaten zeigen, dass man einmal verlorene Pressefreiheit kaum wiedererlangen kann.

2. Paar Augen: Björn

2 Kommentare

  1. 1

    Ich habe kürzlich festgestellt, dass in vielen aktuellen, Pressefreiheit-relevanten Debatten und Konflikten die Artikel 2 und 3 des GG die entscheidenden sind. Würden sie tatsächlich im Wortlaut ganz ausgeschöfpt und auch eingeklagt, könnte das viel beschworene Recht auf freie Meinungsäusserung, immer und überall, in den Hintergrund treten – und im besten Fall auch so das Wesentliche der individuellen und kulturellen Expression garantieren. Die Kunst zeigt das besonders deutlich…

  2. 2

    In Deutschland rettet doch die Tabakindustrie die Pressefreiheit. Da kann dann eigentlich nichts mehr schief gehen, oder?
    http://rauchfreistudieren.de/resourcen/3/Reemtsma-rettet-die-Pressefreiheit.pdf

Antworte auf Laurens Sohni