Berlin, 31.03.2010 – Die Berliner Piratenpartei kritisiert scharf die Pläne der Berliner Staatsanwaltschaft, bei ihren Ermittlungen auf verfassungswidrig erhobene Daten zurückzugreifen. Nach einem Bericht der „tageszeitung“ vom 29.03. plant die Staatsanwaltschaft, bereits an die Behörden übermittelte Daten zur Strafverfolgung zu nutzen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung für nichtig erklärt, die unverzügliche Löschung der Daten angeordnet und auch klargestellt, dass die Daten bis zu ihrer Löschung nicht mehr an ersuchende Stellen übermittelt werden dürfen. Bezüglich der Verwendung von bereits übermittelten Daten gibt es allerdings keine Vorgabe. Nach Überzeugung der Piratenpartei lässt sich die Verfassungswidrigkeit ihrer Nutzung jedoch leicht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ableiten.

„Legalität ist nicht das gleiche wie Legitimität und der Zweck heiligt nicht immer die Mittel“, stellt Andreas Baum, Vorsitzender des Landesverbands, klar. „Die Berliner Staatsanwaltschaft will über die Verwendung der Vorratsdaten ‚unter Abwägung der betroffenen Rechtsgüter‘ entscheiden. Diese Abwägung hat das Bundesverfassungsgericht aber bereits eindeutig vorgenommen – zu Gunsten der Privatsphäre der Bürger. Es hat die Herausgabe der Daten verboten und ihre sofortige Löschung angeordnet. Klarerweise ist also auch die Verwendung bereits übermittelter Daten verfassungswidrig: Ob die Daten sich noch bei einem Telekommunikationsunternehmen oder bereits bei der Staatsanwaltschaft befinden, stellt keinen relevanten Unterschied dar. Beide Stellen dürften sie eigentlich nie gehabt haben. Das Ausnutzen einer Formulierungslücke im Urteil ist respektlos gegenüber unserer Verfassung und den in ihr formulierten Bürgerrechten, insbesondere der informationellen Selbstbestimmung.

Dass ein Richter im Einzelfall darüber entscheidet, ob die Daten bei einem Urteil verwendet werden, mildert das Problem nach Überzeugung der Piraten zwar ab, kann es aber nicht lösen: Das Fernmeldegeheimnis, mit dem die Vorratsdatenspeicherung unvereinbar ist, betrachtet private Daten als prinzipiell schützenswert – keinesfalls nur dann, wenn sie gegen die Person verwendet werden. Fühlen sich Menschen überwacht, so verändert dies zudem unmittelbar ihr Verhalten: Sie passen zum Beispiel ihr Aktions- und Kommunikationsverhalten an. Diese Entwicklung ist auf Dauer demokratiegefährdend. Daher heißt es im Grundsatzprogramm der Piratenpartei: „Das Recht auf Wahrung der Privatsphäre ist ein unabdingbares Fundament einer demokratischen Gesellschaft. Die Meinungsfreiheit und das Recht auf persönliche Entfaltung sind ohne diese Voraussetzung nicht zu verwirklichen.“ Dass nun ausgerechnet Organe des Staates eine Formulierungslücke ausnutzen, treibt einen neuen Keil des Misstrauens zwischen Staatsorgane und Bevölkerung.

Ein Kommentar

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    So wenig wünschenwert es erscheint, dieses Vorgehen der Staatsanwaltschaft ist völlig konsequent und orientiert sich an der Rechtssprechung des BGH zu rechtswidrig erlangten Beweisen.

    Das eigentliche „Problem“ sind fehlende absolute Beweisverwertungsverbote für rechtswidrig erlangte Beweise, beispielsweise auch bei einer Hausdurchsuchung. Allerdings ist diese Frage nicht so einfach zu beantworten wie es scheint, man denke nur an die sprichwörtliche „Leiche im Keller“.

    In jedem Fall wäre es aber sinnvoller diesen Mangel, so man ihn denn als einen sieht, zu kritisieren.

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