Seit einigen Monaten gibt es in der Piratenpartei vermehrt Diskussionen über den gemeinsamen Umgang miteinander und das Klima in der Partei. In der Betrachtung waren dabei vor allem rassistische, sexistische, homophobe und antisemitische Äußerungen von Parteimitgliedern. Jedoch sollte nicht vergessen werden, dass nicht nur diese – zum Teil klar erkennbaren und verurteilungswürdigen – Statements die Atmosphäre in der Partei verschlechtern. Der gemeinsame Umgang mieinander lässt auf allen Ebenen noch viel Verbesserungsspielraum; auf Konferenzen und Parteitagen, bei inhaltlichen lokalen Treffen oder in digitalen Medien wie Mailinglisten. Dies betrifft uns alle. Denn das Ziel muss es sein, dass wir als Partei am Ende die besten Ergebnisse unter Einbeziehung aller erzielen können. Auch gilt es dem Rechnung zu tragen, dass viele Parteimitglieder sehr viel ehrenamtliche Zeit investieren, welches gewürdigt werden sollte.

Mittlerweile gibt es vermehrt Aktivitäten, um dem entgegen zu wirken. Eine davon ist die Konferenz „Keinzelfall“, die an diesem Wochenende in Berlin stattfindet. Dort soll Sensibilität und Bewusstseind geschaffen, Prozesse in der Partei kritisch hinterfragt, das Wissen der Parteimitglieder erweitert werden. Unterstützt wird diese Konferenz auch vom Squad „Integration, Inklusion, Partizipation“ (kurz: IIP) der Berliner Piraten (Link) unterstützt diese Konferenz. Das Squad arbeitet seit seiner Gründung 2011 für einen gleichberechtigten Zugang zu Entscheidungsprozessen in der Gesellschaft, einen fairen Umgang miteinander und gegen Diskriminierung, auch in der Piratenpartei selbst. Viele unserer Mitglieder gehören selbst Minderheiten an, waren und sind von Diskriminierung betroffen. Da ist es für uns natürlich um so wichtiger, dass wir gemeinsam eine Atmosphäre schaffen können, in der sich möglichst alle Mitglieder wohl fühlen und sich äußern können. Dieses hat in der Vergangenheit auch fast immer gut geklappt. Leider gab es hiervon auch Ausnahmen. Mitglieder fühlten sich beleidigt und angegriffen durch ausufernde Diskussionen auf der Mailingliste über die Benutzung von abwertenden Begriffen. Daher haben wir uns dafür entscheiden, uns verbindliche Regeln zu geben. Vor allem auf einer anonymen Mailingliste ist es allzu leicht, Regeln zu übertreten, die man nicht kennt, hinterfragt oder nicht akzeptiert. So lassen sich mit ein paar unbedachten Formulierungen Menschen verletzen oder demotivieren oder dauerhaft von der Parteiarbeit abschrecken.

Neumitglieder auf der Mailingliste werden von uns über unseren gemeinsamen Anspruch informiert. Die Regeln orientieren sich am Kegelklub. Ein wichtiger Aspekt ist uns dabei, dass gängige Selbstbezeichnungen von Gruppen auch benutzt werden. Längliche Diskussionen über Fragen wie “Wieso darf ich das N*Wort nicht benutzen, viele Rapper tun dies doch auch!?“ oder “gibt es Homosexualität eigentlich wirklich?” sind bei uns nicht erwünscht und werden unterbunden. Unsere Toleranz hört bei sexistischen, homophoben, transphoben, rassistischen, antisemitischen, lookistischen (Diskriminierung aufgrund von Aussehen), ableistischen (Diskriminierung aufgrund von Behinderungen) Sprüchen auf. Das ist *keine* Form von Zensur, sondern die finale Reißleine zur Aufrechterhaltung eines angenehmen Arbeitsklimas. Natürlich wird niemand allwissend geboren, die Zugangshürden für Beteiligung in unserer Arbeitsgruppe sollen nicht künstlich nach oben geschraubt werden, um mit Hilfe eines größeren Wissensschatzes wieder andere auszuschließen. Daher wird, wer einmal den falschen Begriff wählt, in der Regel erst einmal freundlich aufgeklärt. Zudem gibt es für alle, die sich noch nicht so gut auskennen, die Möglichkeit sich hier zu orientieren oder bei den Koordinatoren des Squad nachfragen. Und ein Hinweis: Auch abseits von Mailinglisten sind Debatten möglich.

Wir hoffen, dass wir mit diesen Regeln den Interessen der Mitglieder, in einem angenehmen Klima arbeiten zu können, und dem berechtigten Interesse von potentiellen Neumitgliedern, ohne ein übergroßes Vorwissen einsteigen zu können, gleichermaßen Rechnung zu tragen. Letztendlich sind gemeinsame feste Regeln der Ausdruck einer Absichtserklärung einer Gruppe, ihre Wirksamkeit steht und fällt mit der Kompromissfähigkeit der Gruppe, die sie sich gegeben hat, nicht mit der Qualität ihrer Buchstaben.

geschrieben durch:
Rebecca, Bastian und Fabio für den Squad IIP

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