Unter dem Motto „Wir sind Gamer“ demonstrierten gestern in Berlin, Karlsruhe und Köln ComputerspielerInnen gegen den Beschluss der Innenministerkonferenz, so genannte Killerspiele mit einem Herstellungs- und Verbreitungsverbot zu belegen. Zu den Kundgebungen hatte auch die Piratenpartei aufgerufen, die im Anschluss an die Berliner Demonstration in einer öffentlichen Aktion „Killerschach“ mit 32 kostümierten menschlichen Spielern und 20 Litern
Kunstblut spielte.

Florian Bischof, Spitzenkandidat des Landesverbands Berlin der Piratenpartei für die Bundestagswahl, erläutert den Hintergrund der Aktion:
„Die absurde Diskussion um die so genannten Killerspiele wird mit erschreckender Regelmäßigkeit wieder aufgeworfen. Mit der Aktion „Killerschach“ wollen wir auf die mangelnde Differenziertheit in der öffentlichen Debatte um Computerspiele aufmerksam machen. Die Spielkultur von Menschen enthielt schon immer Elemente von Gewalt, die Spieler können Fiktion und Wirklichkeit aber sehr gut auseinander halten. Wissenschaftlich konnte bisher nicht nachgewiesen werden, dass Computerspiele Gewalttätigkeit fördern – die vorhandenen Studien sind höchst widersprüchlich. Auch Schach ist ein zutiefst kriegerisches Spiel. Gleichzeitig hat es aber einen hohen intellektuellen, strategischen Anspruch. Das gilt auch für die meisten Computerspiele. Jedem neuen Kulturmedium haben Generationen, die nicht damit aufwuchsen, erstmal misstraut. Selbst dem Roman wurde damals vorgeworfen, der Leser könne Wirklichkeit und Fiktion nicht trennen. Dem Fernsehen, Comics und der Rockmusik wurden ähnliche Vorwürfe gemacht.
Der Beschluss der Innenministerkonferenz ist eine Bankrotterklärung der etablierten Politiker, die kein Verständnis für die Lebenswelt von Jugendlichen haben. Computerspiele halten als Sündenbock für hochkomplexe politische und gesellschaftliche Probleme her. Es macht mich wütend, dass dieser schlechte Scherz, diese Augenwischerei einiger offensichtlich in einer Parallelwelt lebender Politiker noch immer nicht vom Tisch ist. Amokläufe zu verhindern und Gewalt an Schulen zu begegnen ist ein viel zu dringliches Ziel, um das Thema der populistischen Vereinfachung von Politikern im Wahlkampf zu überlassen. Außerdem steht ein Verbot im Konflikt mit dem Grundgesetz, mit Kunst-, Berufs- und Informationsfreiheit.“

Statt pauschal große Teile der Jugendkultur zu kriminalisieren, fordert die Piratenpartei daher, bereits in den Schulen mehr Medienkompetenz zu vermitteln. Schulpsychologen sowie außerschulische Anlaufstellen für Jugendliche, wie Beratungseinrichtungen und Jugendzentren, müssen ausreichend Gelder zur Verfügung stehen, um sich verzweifelten Kindern und Jugendlichen anzunehmen. Zudem darf der öffentliche Dialog über Computerspiele nicht länger über die Köpfe der betroffenen Generation hinweg geführt werden.

Fotos der Aktion erhalten Sie unter http://tinyurl.com/l2j93f (Olaf Hansel), http://tinyurl.com/lmpbrr (Stefan Berkner), http://tinyurl.com/lon64n (Stefan Berkner) und http://tinyurl.com/lc8slb (Bernd Brinck). Die Aufnahmen stehen unter einer creative commons cc-by Lizenz und sind bei Namensnennung beliebig verfügbar.

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