Im Rahmen des neuen Integrationsgesetzes will die Bundesregierung stärker gegen Zwangsheirat und Scheinehen vorgehen. Zudem sollen die Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten bei sogenannten Integrationsunwilligen verschärft werden.

Die Berliner Piraten kritisieren die Verschärfungen als Symbolpolitik. „Schon die Herangehensweise ist falsch.“, so Pavel Mayer, Mitglied des Landesvorstands Berlin und selbst als Kind in die Bundesrepublik eingereist. „Hier werden Vorurteile geschürt und Ressentiments bedient, anstatt endlich echte Förderung für Menschen mit schlechten Bildungs- und Aufstiegschancen zu betreiben. Stimmungsmacher aus der rechtspopulistischen Ecke wie Thilo Sarrazin oder Horst Seehofer wird dies sicher freuen.“

Die Einführung eines neuen Straftatbestands Zwangsehe sehen die Piraten als pure Kosmetik. Zwangsehen sind bereits jetzt als Strarftatbestand der Nötigung mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestrafbar, dies würde sich auch nach dem neuen Gesetz nicht ändern. Die gleiche Position vertritt auch das „FORUM MENSCHENRECHTE“ in seiner Stellungnahme vom Oktober 2010. Dort wird kritisiert, dass zwar ein neuer juristischer Tatbestand in das Strafgesetzbuch aufgenommern werden soll, die Situation der Betroffenen allerdings in keiner Form verbessert wird.[1]

Die Ansätze der Regierung gegen Scheinehen sehen die Piraten als Schritt in die falsche Richtung. „Schärfere Kontrollen werden dazu führen, dass Menschen in ihrer persönlichen Lebensführung eingeschränkt werden.“, so Pavel Mayer. „Die Kritik, eine Ehe handele sich um eine ‚Scheinehe‘, wenn die Partner nicht im gleichen Bett schliefen, ist bigott. Rein-deutsche Ehen werden schließlich auch nicht an diesem Standard gemessen.“

Auch die Erhöhung der Wartefrist zum Erhalt der ständigen Aufenthaltserlaubnis für Ehepartner von zwei auf drei Jahren sei kontraproduktiv, da sie die Abhängigkeiten vom Ehepartner erhöht und Probleme bei der Jobsuche mit sich bringt. Zurecht kritisiert der Verband binationaler Familien und Partnerschaften dies als „Verschlechterung der Situation für von Gewalt betroffenen Mädchen und Frauen.“ [2] Frauenpoltik und Opferschutz sehen anders aus, sagen die Piraten.

„Die Ankündigung von verschärften Kontrollen und Strafen bei der Nichtteilnahme an Integrationskursen“, so Pavel Mayer vom Berliner Landesvorstand, „verdreht die Realität nun komplett. Fakt ist, dass die Nachfrage nach den Kursen bereits höher ist als das Angebot. Viele Menschen nehmen freiwillig teil. Und das, obwohl die Kurse kostenpflichtig sind. Nur ein Bruchteil der Teilnehmenden bricht ab. Die Darstellung von Migranten als ‚integrationsunwillig‘ ist infam und versucht die Sicht auf die jahrzehntelange mangelhafte Chancenpolitik zu verstellen.“

Mayer schließt mit den Worten: „Wir fordern die Regierung auf, endlich die Chancen von benachteiligten Gruppen wie Migranten zu verbessern. Der freie Zugang zu Bildung und Informationen, demokratischer Beteiligung und dem Arbeitsmarkt muss deutlich ausgebaut werden. Opferschutz sollte durch effektive Präventions- und Unterstützungsmaßnahmen sichergestellt werden. Wir brauchen eine Abschaffung von Integrationsverboten und ein offensives Bekenntnis zum Einwanderungsland Deutschland.“

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Quellen:

[1] Stellungnahme des Forums Menschenrechte:
http://frauenrechte.de/online/images/downloads/zwangsheirat/Stellungnahme-FMR-Zwangsheirat.pdf
[2] PM des Verbands Binationaler:
http://www.verband-binationaler.de/fileadmin/user_upload/Bundesverband/presse/Verschaerfung_Aufenthaltsgesetz.pdf

Information:

Die Berliner Piratenpartei hat am 24.10.2010 auf ihrer zweiten Landesmitgliederversammlung den Punkt „Integration und Migration“ in ihr Grundsatzprogramm aufgenommen. Zusätzlich deckt sie in ihrem Programm die Punkte Bildung, Wissenschaft und Forschung, Mehr Demokratie, Suchtpolitik, Familienpolitik, transparente Verwaltung und die Forderung nach einem Bedingungsloses Grundeinkommen ab. Damit hat sie den Wahlkampf eröffnet und den Grundstein gelegt für einen erfolgreichen Einzug ins Abgeordnetenhaus 2011.

Ein Kommentar

  1. 1

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    […] schon jetzt eine Nötigung darstellen und mit gleicher Härte bestraft würden. Stattdessen fordern sie mehr Opferschutz und Bildungsangebote für Migranten sowie ein offenes Bekenntnis zum […]

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