Gastbeitrag von Dr. Franz-Josef Schmitt, Politischer Geschäftsführer der PIRATEN Berlin

Der Wissenschaftsrat hat sich bereits letztes Jahr für eine Strategie der Universitäten zur Stärkung der Hochschullehre ausgesprochen. Gerade in letzter Zeit stellen viele fest, dass dieses Bekenntnis keine Konsequenzen nach sich zieht, stattdessen werden viele Punkte des Papiers neu diskutiert. Hauptzielrichtung jener, die sich gegen eine starke Reform zur Verbesserung der Lehre aussprechen, ist die Forderung, die Einheit von Forschung und Lehre stark zu halten und die Universitäten dazu zu bringen, sich untereinander zu spezialisieren und so möglicherweise den Wettbewerb der Universitäten untereinander anzutreiben. Diese Diskussion wird mit diesen beiden Argumenten jedoch missbräuchlich geführt.

Die starke Forderung nach einer Einheit von Forschung und Lehre wird meistens als Plattitüde und Totschlagargument verwendet, um sich dagegen auszusprechen, die gerade in den jüngsten Jahren neu gewachsenen Aufgabenbereiche innerhalb einer Universität dafür spezialisierten Bereichen zuzuweisen. Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Lehre, Lecturer oder auch Professuren mit didaktischer Orientierung (ggf. sogar mit höherem Lehrdeputat an Universitäten) wären ein erster Schritt, die oft erwähnte Departmentstruktur der Universitäten mit Leben zu füllen. Viele Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer sprechen sich jedoch strikt gegen so ein Prinzip aus und wollen gefühlt auf dem eigentlich abgeschafften Prinzip der Lehrstühle beharren, anstatt sich inhaltlich ihren Fachgebieten zu widmen.

Die stark gewachsenen Aufgaben der Hochschulen, sowohl hinsichtlich der Quantität (durch mehr Studierende) als auch der Qualität (durch neue einen raschen Wandel in der Hochschullandschaft) machen eine Departmentstruktur in Zukunft unabdingbar, wenn sich die Hochschulen nicht untereinander deutlicher spezialisieren wollen. Nach dem Gedanken einer „Universitas“ sollte dabei auch eine gewisse Binnendifferenzierung vor einer wettbewerbsorientierten Spezialisierung klar bevorzugt werden.

Dies bedeutet gerade nicht den Verlust einer Einheit von Forschung und Lehre. Es stärkt diese vielmehr, indem viele der neu gewachsenen Aufgaben, die NICHT per se in die individuelle Lehrverantwortung der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer fallen, wie zum Beispiel Transdisziplinarität, Internationalisierung, das Bedienen verschiedener Bildungszugänge in heterogenen Studierendengruppen, Arbeit an den Curricula etc. von eigenen dafür eingestellten Personen erledigt werden. Solange diese Aufgaben den Hochschullehrerinnen und -lehrern überlassen bleiben und Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter per se als zu Qualifizierende abgestempelt werden, ist die Einheit von Forschung und Lehre gefährdet!

Wichtig ist hier vor allem eine Leistungs- und Kooperationsbereitschaft zwischen den verschiedenen Bereichen einer Universität (Mittelbau, Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, Zentrale, Controlling etc.), die es noch zu entwickeln gilt. Entscheidend für diesen Paradigmenwechsel ist ein Grundvertrauen, das an den Universitäten derzeit noch fehlt.

Es erfordert zusätzlich höhere Finanzierungen für Lehraufgaben. In Berufungskommissionen, Ausschreibungsverfahren und Zuweisungen muss die Bedeutung der Lehre noch erheblich gestärkt werden. Wichtig ist der Wille, die Lehre bei der Besetzung der Stellen höher zu gewichten.

Ebenso wichtig ist, dass Forschung und Lehre auf Augenhöhe stattfinden können, ohne sie zu trennen und auch ohne zwanghafte Einheit. Zum Beispiel indem didaktische Fragestellungen ganz selbstverständlich als wissenschaftliche Fragestellung gewertet und als Professuren ausgeschrieben werden.

So lange wir nur über die Benachteiligung der Lehre gegenüber der Forschung reden, wird sich an diesem Zustand wenig ändern. Zuweisungsanträge, nach denen Hochschulehrerinnen und Hochschullehrer mit einem Fokus auf die Lehre berufen werden, sind überfällig.

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