Wenn wir unsere Anstrengungen zur Reduktion von Treibhausgasen nicht deutlich intensivieren, werden bis zum Jahr 2100 18% aller heute bekannten Insekten aussterben. Bei den Wirbeltieren sind es 8%. [1]. Dies steht im Bericht des Weltklimarats 2022, der in diesem Februar herausgegeben wurde. Hier werden die verschiedenen Szenarien berechnet, die aus der von der Weltbevölkerung eingeschlagenen Wirtschaftsentwicklung und initiierten Gegenmaßnahmen folgen. Konsequenzen werden aufgezeigt und Alternativen bzw. Gegenmaßnahmen vorgeschlagen, um die  Bestrebungen zur Reduktion von CO2 und weiteren Treibhausgasen zu verbessern.

Auch wenn das Jahr 2100 noch weit weg scheint, wird es doch unsere heute geborenen Kinder treffen. Darüber hinaus wird der Unterschied zwischen einem Weiterführen der derzeitigen Politik im Gegensatz zu einer angemessenen Verschärfung der Klimaschutzziele bereits 2050 deutlich zu merken sein. Hier erreichen wir entweder eine globale Temperaturerhöhung von 2°C, möglicherweise noch mehr,  gegenüber dem langjährigen Mittel. Oder wir schaffen es einzusparen und kommen unter eine Erhöhung von 1,5°C  – das berühmte 1,5° Ziel [1].
Aber was ist schon ein halbes Grad Temperaturunterschied?

Dies kann sehr viel bedeuten und äußert sich in Wohl und Wehe für viele Tier- und Pflanzenarten inklusive des Menschen. Interessant dazu ist eine Feststellung, die der WWF in einer Grafik übersichtlich zusammengestellt hat [2]:
Bei einer Temperaturerhöhung von 1,5°C bis 2050 sterben 6% aller Insektenarten aus, bei einer Erhöhung von  2°C dagegen 18%.
Diese 0,5°C Temperaturunterschied sind dabei mit ziemlicher 100% Sicherheit alleine durch menschliches Handeln zu beeinflussen, können also durch eine Intensivierung der Klimaziele erreicht werden. Sie bedeuten gleichzeitig, dass wir 12% aller Insektenarten retten würden, mit allen Konsequenzen, die ein Erhalt der Insektenarten nach sich zieht. Bei den Wirbeltieren sind es 8% die bei 2°C aussterben, im Gegensatz zu 4% bei 1,5°C.

Auch in anderen Faktoren ist der kleine Unterschied von 0,5°C mehr als deutlich:
So bedeuten 1,5°C einen völlig eisfreien Sommer in der Arktis alle 100 Jahre. Ein Szenario, bei dem beispielsweise ein Großteil der Eisbären verhungert, da deren Jagd auf die Existenz von Eisschollen im Meer angewiesen ist. Bei 2°C-Erhöhung gibt es diesen eisfreien Sommer zehnmal häufiger, das bedeutet alle 10 Jahre. Wenn die Eisbärbestände aber alle 10 Jahre stark dezimiert werden, dann stirbt er Eisbär als Tierart aus, alle 100 Jahre kann die Art sich möglicherweise noch regenerieren und überleben. Auch hier ist der Unterschied von 1,5°C zu 2°C so etwas wie Wohl oder Wehe [1].

Bei den Extremwetterereignissen ist das Bild ähnlich. Bei 1,5°C Temperaturerhöhung werden Extremwetterereignisse, die in der Form derzeit etwa alle 50 Jahre zu erwarten sind (z.B.extreme Dürresommer, für bestimmte Bevölkerungsgruppen tödliche Hitzewellen) im gleichen Zeitraum 8,6 mal so häufig auftreten – also ca. alle 6 Jahre [1]. Dann werden zudem die Hitzewellen 2°C intensiver ausfallen als im langjährigen Mittel der Zeit 1850 – 1900. Wenn wir aber die 1,5°C reißen und auf 2°C zusteuern, dann sind wir schon alle 3-4 Jahre mit solchen Extremwetterereignissen konfrontiert. Sie werden also 14 Mal häufiger auftreten als in den 50 Jahren vor 1900, fast doppelt so häufig wie bei 1,5°C und dann auch mit 2,7°C statt 2°C intensiver ausfallen. Das wird für sehr sehr viele Menschen den Tod bedeuten, die bei 1,5°C noch überleben können. [1]

Die Anstrengungen lohnen sich allemal, zudem ja die derzeitige Krise der fossilen Energieträger eine Chance bietet. Falls es gelingt, bereits dieses Jahr 20% des Gasverbrauchs zu reduzieren und gleichzeitig auf regenerative Energiequellen umzurüsten, dann sind wir dem 1,5°C Ziel schon ein gutes Stück näher. Dies wäre deutlich mehr, als unsere bisherigen politischen Ziele, die von einem „back to normal“ nach der Corona-Pandemie sprechen.

Ausbau von Wärmepumpen, Wärmespeichern und regenerativer Energieerzeugung,  angemessen reduzierter Konsum und Upcycling im Bereich Elektronik und Textilien sowie reduziertes Reisen mit einem Fokus auf lokale Erholungsgebiete wären geeignete Maßnahmen, unter einer Temperaturerhöhung von 1,5°C zu bleiben. Dies mit all den beschriebenen deutlichen Unterschieden zu 2°C, wenn wir „zum politisch gewollten Normal“ zurückkehren würden. Nebenbei würden wir in mehrerer Hinsicht unsere Abhängigkeiten von anderen Ländern außerhalb der EU verringern können.

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